Sex sells?


Klar. Allerdings lautet der Satz vollständig: Sex sells sex. Sprich: Sie betreiben ein Etablissement der freudigeren Art und wollen es bewerben? Dann lassen Sie die Puppen tanzen! Sie führen einen TOYS-R-US-Versand für Erwachsene und wollen mehr Umsatz tätigen? Dann spielen Sie die Joy-Karte statt der Joker-Karte aus!
Aber wenn es darum geht, die neue Waschmaschine mit zertifizierter Energieeffizienz an die Leute zu bringen, sind Busen & Co nicht das richtige Mittel. Nicht einmal in der thematischen Nachbarschaft. Sie kennen doch diese kleinen blauen Pillen, die das süße Leben härter machen. Haben Sie jemals anzügliche Werbung dafür gesehen?
Es kommt also immer drauf an, was Sie bewerben und wie Sie damit rüberkommen wollen. Bei sexy Unterwäsche ist die Sache klar. Sie zahlen doch kein Großgeld für einen Klein-Slip, nur weil sich das Ding so super tragen lässt. Aber selbst hier sollte man kluge Erotik nicht mit Sex verwechseln und bei anderen Produkten kann man das Schlafzimmer überhaupt draußen lassen. Ist kontraproduktiv und der Schuss könnte nach hinten los gehen. Denn es ist immer die Frage, ob dann nur die Werbung auffällt, oder auch was fürs Konto des Werbenden abfällt. Was zählt, ist schließlich, was sich auszahlt. Und in welchem Zusammenhang man sich präsentieren will.
Früher war es beispielsweise bei schnellen Autos sehr beliebt, sie in den Aufreißer-Kontext zu stellen, um dem potenziellen Käufer zu suggerieren, er würde durch den Erwerb zum Adonis mutieren. Aber das kommt beim Fiat Punto nicht so gut. Und den Ferrari kauft man sich nicht, weil eine Halbnackte auf der Kühlerhaube herumlungert. Sondern weil ein Pferdchen den Kühlergrill ziert, das in den zwei Sekunden, in denen man die Karre im Rückspiegel sieht, sagt, hier stecken mindestens 400 meiner Freunde drin.
Natürlich sollte Werbung sinnlich sein. Also anregend und aufregend, ansprechend und inspirierend. Sie muss Sehnsüchte wecken, Lust machen, knackig sein und voller Gefühl. Aber diese Sinnlichkeit sollte auch Sinn machen und zum Produkt und Image passen. Damit gezielt Identifikationspotenziale geboten und positive Präferenzen geschaffen werden. Damit die Erotisierung die Attraktivität des Beworbenen aufwertet statt davon abzulenken.
Auf gut Deutsch: Der Nespresso schmeckt besser, wenn man beim Genuss das Gefühl hat, man ist ein kleiner George Clooney. Und die Rasierklinge gleitet sanfter über den Oberschenkel, wenn frau glaubt, dass sie die Göttin in ihr weckt.
Aber dabei geht es nie um nackte Tatsachen, sondern im Gegenteil um deren Verpackung. Es ist dieses Kleid aus visueller Ästhetik und knisternder Raffinesse, das man weben und anziehen muss, um Emotionen auszulösen. Sie verpacken Ihre Weihnachtsgeschenke doch auch. Und es gibt nur einen einzigen Fall, wo eine riesengroße rote Schleife mehr als ausreicht ...
Übrigens: Die ganze Geschichte hat auch eine Geschichte und die ist unter anderem hier abgebildet und beschrieben (ganz seriös;).

Übrigens übrigens: Im Falle dieses Beitrags hat die Erwähnung von Sex im Titel sicher dazu beigetragen, dass man sich ein bisschen interessierter an dessen Lektüre gezeigt hat. Das ist kein Widerspruch, sondern eine Bestätigung. Sex sells sex. Und darum ist es doch gegangen, oder?